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Neue Parkgebühren: Aufstand der Händler, Gastronomen und Dienstleister

Sie fordern eine schnelle Lösung, ein „rasches Gegensteuern“: Händler, Gastronomen und Dienstleister wehren sich gegen verlängerte Bewirtschaftungszeiten für die öffentlichen Parkplätze in Rottweil. Gegen „die neuen Parkgebühren“, wie das im Volksmund bereits heißt. Die Umsätze gingen zurück, die Stimmung unter den Kundinnen und Kunden sei düster, argumentieren sie.

Der Gemeinderat der Stadt Rottweil hat bekanntlich neue Parktarife beschlossen, die inzwischen gelten. Dies geschah anlässlich der Eröffnung des neuen Parkhauses Stadtmitte Süd. Und sie ist wohl auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Stadt ihre Ausgaben in den Griff bekommen und mehr Einnahmen generieren muss. Die im Effekt verlängerten Zeiten, während derer ein Ticket gelöst werden muss und nicht mehr kostenlos geparkt werden kann, hatten bereits Kritik ausgelöst, die die Stadtverwaltung und der Gemeinderat noch aussitzen konnten. Jetzt wird es enger.

So hat Tobias Rützel, Vorstandsmitglied des Gewerbe- und Handelsvereins, der unter Rottweil aktiv firmiert, ein Stimmungsbild verfasst, das die Eindrücke „eines Großteils der Gewerbetreibenden in der Innenstadt“ zusammenfasst, wie er sagt. Neben ihm hat auch Marcus Frank das Schreiben unterzeichnet*.

Zusammengefasst: Die Einführung neuer Parkgebühren in Rottweil habe zu einem spürbaren Rückgang der Kundenfrequenz in der Innenstadt geführt, was Händler, Gastronomen und kulturelle Einrichtungen stark belastet, argumentieren diese laut dem Männermode-Anbieter Rützel und dem Sportartikel-Händler Frank. Die Bürger protestierten nicht nur wegen der Kosten, sondern auch wegen der bereits schlechten Aufenthaltsqualität in der Stadt. Diese Entwicklung könnte zu sinkenden Umsätzen und Leerständen führen, was langfristig auch die Attraktivität der Stadt und Region beeinträchtigen könnte. Vor Ort wird gefordert, die vorherigen Parkregelungen bis zum Jahresende wiederherzustellen, um das Vertrauen der Bürger zurückzugewinnen und die Innenstadt als kulturellen und gesellschaftlichen Ort zu stärken.

Die NRWZ bringt das Schreiben der Innenstadtvertreter, wie sie sich nennen, im Wortlaut:

Einführung der Parkgebühren trifft Rottweiler Innenstadt ins Mark

Rottweil. Seit der Einführung der neuen Parkgebühren im September ist in der ältesten Stadt Baden-Württembergs spürbar Bewegung in die Innenstadt gekommen – allerdings in die falsche Richtung. Händler, Gastronomen und Dienstleister berichten übereinstimmend von einem deutlichen Rückgang der Kundenfrequenz. Viele Bürgerinnen und Bürger meiden derzeit die Innenstadt – aus Protest gegen die neuen Gebühren. Leidtragende seien aber nicht die Entscheidungsträger, sondern jene, die tagtäglich um Kundschaft und Gäste bemüht sind.

„Wir haben uns im Vorfeld für einen moderateren und späteren Einstieg starkgemacht“, heißt es aus den Reihen der Innenstadtakteure. Dennoch seien die Gebühren nun in Kraft – mit unmittelbaren Folgen: weniger Besucher auf dem Wochenmarkt, leere Stühle in der Gastronomie und rückläufige Umsätze im Handel. Auch kirchliche Einrichtungen, die Volkshochschule und Kulturbetriebe spüren die angespannte Stimmung. Selbst Kirchgänger müssen inzwischen für den sonntäglichen Gottesdienst Parkgebühren entrichten.

Emotion statt Geldfrage

Viele Bürgerinnen und Bürger betonen, dass es ihnen weniger um das Geld gehe, sondern um das Prinzip: In einer Zeit zahlreicher Baustellen und Einschränkungen in der Stadt habe sich die Aufenthaltsqualität ohnehin verschlechtert – nun kämen zusätzliche Kosten hinzu. „Wenn die Leistung schlechter und der Preis höher wird, passt das Verhältnis einfach nicht mehr“, so ein Kommentar aus dem Handel.

Folgen für Handel und Stadtbild

Die Konsequenzen zeichnen sich deutlich ab: Sinkende Umsätze führen zu ersten Leerständen, Filialisten denken laut über eine Verlagerung nach. Je weniger Geschäfte geöffnet haben, desto weniger Besucher zieht es in die Innenstadt – ein Teufelskreis, der auch die Organisation traditioneller Veranstaltungen wie den Weihnachtsmarkt oder Abendmärkte gefährden könnte.

Darüber hinaus befürchten Wirtschaftsvertreter, dass ein Attraktivitätsverlust der Innenstadt langfristig auch die gesamte Stadt und Region schwächt: Für Industrieunternehmen werde es schwieriger, Fachkräfte zu gewinnen, wenn die Lebensqualität in der Stadt sinke. Auch Steuerberater, Rechtsanwälte oder Handwerksbetriebe, die vom Stadtleben profitieren, spüren die Folgen.

Kultur und Lebensqualität unter Druck

Nicht nur der Handel leidet: Auch kulturelle Einrichtungen wie das Zimmertheater, die Volkshochschule oder kleinere Veranstalter berichten von rückläufigem Publikum. Weniger Menschen in der Innenstadt bedeute auch weniger Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Forderung nach schnellen Lösungen

Die Akteure vor Ort fordern nun ein rasches Gegensteuern. Kurzfristig solle die Stadt zu den bisherigen Parkregelungen zurückkehren – zumindest bis zum Jahresende. Für das Weihnachtsgeschäft wird ein sichtbares Signal gefordert, etwa freies Parken auf zentralen Plätzen wie dem Nägelsgraben oder Kapuzinerparkhaus. Im neuen Jahr könne dann in Ruhe über ein überarbeitetes, partnerschaftlich entwickeltes Konzept entschieden werden.

„Rottweil sind wir alle“, lautet der Appell der Innenstadtvertreter. Man müsse nun gemeinsam an Lösungen arbeiten, um die Stadt wieder positiv erlebbar zu machen – gerade mit Blick auf die kommenden Jahre bis zur Landesgartenschau 2028.

Ausblick

Denn die Innenstadt ist weit mehr als ein Handelsplatz: Sie steht für Begegnung, Kultur und Identität. Verliert sie an Attraktivität, verliert eine ganze Region ein Stück Lebensqualität. Die kommenden Wochen dürften zeigen, ob es gelingt, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger zurückzugewinnen – und Rottweils Herz wieder zum Schlagen zu bringen.

*In einer früheren Version haben wir den zweiten Unterzeichner unterschlagen, weil wir ihn schlicht übersehen hatten. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.




Peter Arnegger (gg)

… ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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